VORWORT | STORY

 
Der Tatort: Ein Haus in Alleinlage mitten im Wald, das wir seit mittlerweile 20 Jahren bewohnen.
Seit vielen Jahren weiss ich, dass es hier Siebenschläfer gibt - unsere Katze hatte immer mal wieder über Nacht einen dieser netten, buschigen Schwänze vor der Haustier deponiert. Dann ging die Katze den Gang alles Zeitlichen, trotzdem dauerte es noch ein paar Jährchen, bis wir die ersten Bilche von Angesicht zu Angesicht zu sehen bekamen. Zuerst war es nur ein flüchtiges Huschen im Dachgebälk der Garage, dann ein paar neugierige Nasen und Kulleraugen. Als man sich einig war, dass von uns keine unmittelbare Gefahr ausgeht, ging man zu planmässiger Beobachtung über, aufmerksam wurde jede unserer Bewegungen vom Dachbalken aus verfolgt. Das machte aus Sicht der Bilche auch durchaus Sinn, denn wir wollten vor allem erst einmal ausprobieren, was so einem Bilch denn schmeckt, Liebe geht nun mal durch den Magen.
Das ging zwei, drei Jahre so. Um nicht den halben Tag mit verrenktem Hals in der Garage stehen zu müssen, hatten wir inzwischen dort eine Kamera installiert, um das Treiben vom gemütlichen Sessel aus im Fernseher beobachten zu können.

Und dann, am 07. August 2003, fiel Düse vom Himmel ...

In 2004 haben sich die Racker dann einen Tunnel ins Hausinnere genagt. Unser Dach ist schön ökologisch mit einer Schicht aus 12cm Naturkork isoliert, und es gibt ein paar Stellen, an denen die Innenseite nicht verkleidet ist. Und da erscheinen sie nun, zuerst lange Zeit als stille und aufmerksame Beobachter, die mir bei der Arbeit am Computer über die Schulter sehen oder das TV-Programm verfolgen. Mit der Zeit wurden sie mutiger, und nun steht hinter mir immer ein Teller mit kleinen Apettithappen bereit, die gerne genommen werden. Ganz Verwegene schauen auch schon mal bei mir auf dem Schreibtisch vorbei.

Nun mag sich mancher fragen: Ist das nicht unhygienisch? Schliesslich fressen die nicht nur, es muss ja auch wieder irgendwo rauskommem ...
Anders als beispielsweise bei Mäusen stinkt aber weder Kot noch Urin der Tierchen, und wie bei Fledermäusen besteht der Kot in der Regel aus kleinen, harten Körnchen. Ab und zu bringen sie einen Floh mit, der aber mit mir nichts anzufangen weiss und meist schnell erlegt ist.

Zu einem Problem kann die Nagerei werden. Dass Stromkabel angenagt werden, kann ich zwar nicht bestätigen, und davon liegen hier eine ganze Menge. Aber Holz scheint sie manchmal zu animieren, und auf spezielle Dinge fahren sie unheimlich ab. So hatte ich mal ein Uhrarmband aus speziellem, sehr weichem Leder. Die Betonung liegt hier auf "hatte". Anderes Leder daneben blieb unangetastet. Selber Effekt mit einem alten Algebrabuch, das zwischen vielen anderen Büchern im Regal steht. Dafür gibt es Feinschmecker, die jeden Abend ein paar Bissen nehmen. Merkwürdigerweise wird es nicht gefressen, sondern nur kleingechippt und dann heruntergeworfen.

Und auch die Population im Hühnerstall soll nicht unerwähnt bleiben.

Für all jene, die sich so ein Tier nicht so recht vorstellen können: Ein Bilch ist in etwa ein Zwischending zwischen Maus und Hamster, aber viel agiler und robuster. Trotz ihrer kurzen Beinchen sind sie bltzschnell, und ich habe schon Tiere 2 Stockwerke tief fallen sehen, die anschliessend ohne mit der Wimper zu zucken weitergelaufen sind. Und ihr buschiger Schwanz macht einen viel besseren Eindruck als der kahle einer Maus. Sie sind geländegängig ohne Ende und laufen ohne jedes Problem z.B. an glatten Aluprofilen oder Messingrohren hoch. Ausgewachsene Exemplare springen punktgenau ohne weiteres über einen Meter weit (z.B. aus meinem Regal auf den Handhebel meiner Bindemaschine). Und sie sind streitlustige Gesellen, was man ihnen mitunter auch ansehen kann.